Terminologie der Koranlesung (al-qirā’āt) und Orthoepie (at-tağwīd)

Anmerkung: Diese Zusammenstellung ist nur vorläufig. Es wird keine Vollständigkeit und Korrektheit beansprucht. Nach und nach wird sie erweitert und überarbeitet.

ādāb ḥamalat al-Qur’ān – Verhaltensregeln für den Kontext der Lesung

ādat al-kuttāb – die Koranschreiber

āmma (pl. awāmm) – Lesermajorität, Allgemeinheit der Leser

arabiyya – arab. Nationalgrammatik

arḍ - der Schüler rezitiert, wobei der Lehrer kontrolliert

aḥāb al-maāḥif – die Koranschreiber

ḍab - Lesezeichen

farš al-hurūf – Einzellesarten

ila – Versschluss

faāḥa – sprachliche Korrektheit

ğam‘ sawī – mündliche Sammlung des Korans (durch Audio-Aufnahme)

ğumhūr – Majorität, herrschende Lehrmeinung

ġunna – Nasalierung

ḥadr – Koranvortrag im normalen Sprechtempo

ḥāfiẓ (pl. ḥuffāẓ) – ‚Bewahrer‘; jemand, der den gesamten Koran memoriert hat

ḥaraka (pl. harakāt) – ‚Bewegung‘

ḥarf (pl. aḥrūf) – Artikulation

ḥarf al-madd – Dehnungsbuchstabe

ḥifẓ - Memorierung

hiğā‘ - Orthographie

ḥizb – Dreißigstel des Korans

hurūf musta’liya - ḫ, ġ, ṭ, ẓ, ḍ, q

iḏn – Lizenz, Zeugnis

idġām – (Teil-)Assimilation

iddiġām kabīr – Verschmelzung von Konsonanten unter Schwund eines zwischen ihnen stehenden kurzen Vokals; wenn in der schnellen Lesung (ḥadr) vokalisierte Konsonanten sowohl im Sandhi als im Inlaut folgenden gleichen oder ähnlichen Konsonanten völlig zu assimilieren oder inserieren

iddiġām aġīr – Vokallosigkeit des ersten Konsonanten; ein vokalloser Konsonant wird einem anderen assimiliert und inseriert

idġām aḥīḥ - vollständige Assimilation und Insertion

iddiġām kāmil – totale Assimilation

iddiġām nāqi - unvollständige Assimilation

iğāza – Lizenz, Zeugnis

iḫfā‘ – Insertion? (lat. inserere einfügen); das Einfügen eines sprachlichen Elements, z. B. eines Wortes, in einen vorgegebenen Satz; Reduktion; Verkürzung der Zeitdauer, Verflüchtigung des n und m mit Bildung des Verschlusses an der Artikulationsstelle des folgendes Lautes mit ġunna (Nasalierung)

Iḫtilās – Reduktion, Verflüchtigung

iḫtiyār – freie Kombination von Lesarten unterschiedlicher Herkunft in einer individuellen Textfassung; Auswahl unter verschiedenen möglichen Lesarten; ein Leser, der in der Hauptsache einer älteren Autorität folgt, trennt sich in einigen Fällen von ihr und geht seinen eigenen Weg

iltiqā‘ as-sākinain

ilm al-qirā’a – Wissenschaft der Koranlesung

imāla – Umlaut

imām – Muster, gemeint ist der muṣhaf uṯmānī

i’rāb – Desinentialflexion

irtiğāl – freie Erfindung von Möglichkeiten, die Konsonantenzüge zu lesen

isnād – Tradentenkette, die eine Lesart bis auf ihren Ursprung zurückführt

išbā’ – normale Vokalaussprache

išbā‘ al-madd / tamkīn mušba‘ – sehr starke Überdehnung (3 ½ alif)

išmām [الاشْمام] – Umlaut; Andeutung des abfallenden Vokals in Pausa; Lautangleichung; künstliche Aussprache mit halbem Vokal; Bildung der Artikulationsstellung von û durch die Lippen, ohne dass auch nur ein leiser Laut hörbar wird. Ein Blinder nimmt davon nichts wahr. Es besteht praktisch in der Rundung und im Vorstülpen der Lippen zur Artikulationsstellung des û.  Siehe raum. 1) nicht hörbare Artikulationsstellung des û 2) ein sehr kurzer Murmelvokal, dem raum oder iḫtilās entsprechend 3) Vokal- und Konsonantenangleichung (Sībawaih: muḍāra’a)

I’tibār – das Erschließen einer Leung des uṯmānischen Textes aus dem konsonantisch abweichenden Paralleltext des Ibn Mas’ūd oder eines anderen

iẓhār – beide Konsonanten bleiben bei Konsonantenberührung unverändert und völlig getrennt

al-kuttāb – die Koranschreiber

laḥn (pl. alḥān) – (1) defektive Schreibung (2) fehlerhafte Aussprache (3) Melodie

laḥn ğalī – offenkundiger Aussprachefehler (im Wortlaut, wodurch der Sinn verändert werden kann)

laḥn ḫafī – verborgener Aussprachefehler; Regelverletzungen des spezielleren tağwīd (in erster Linie der Prosodie), dessen genau Kenntnis nicht vom normalen, sondern nur vom ausgebildeten Leser verlangt wird

madd – Überdehnung eines langen Vokals hauptsächlich in der Nachbarschaft von Hamza; Überdehnung von Langvokalen in überlangen Silben und im Kontakt mit dem Glottisöffnungslaut; (=ziyāda min ġairi ifrāin): einfache Überdehnung (1 ½ alif)

madd lāzim – obligatorische Überdehnung

al-madd al-munfail – Überdehnung eines Vokals vor Hamza im Anlaut des folgenden Wortes

al-madd al-muttail – Überdehnung vor Hamza im gleichen Wort

madd at-tamkīn / tamkīn al-madd – stärkere Überdehnung (2 ½ alif)

maḏhab (pl. maḏāhib) - Verfahren

maḫrağ [مخرج] = Artikulation: deutliche Aussprache, Gliederung des Gesprochenen; Bildung von Lauten mithilfe der Sprechwerkzeuge; Artikulationsstelle

maḫāriğ al-ḥurūf – Artikulationsstellen

maqām Bayātī

al-maqtū‘ wa-l-mauūl – Getrennt- und Zusammenschreibung

marsūm – Konsonantentext

al-maāḥif al-maġlūa – fehlerhafte Koranexemplare

mašhūr – (1) / ma’rūf = anerkannt (2) bekannte Überlieferung, zweite Stufe nach dem tawātur

mufaḫḫam – velar

muraqqaq - palatal

muṣḥāf muğawwad (alternative Bezeichnung: qirā’a murannama) (Lesestil) gekennzeichnet durch einen großen Ambitus, kunstmusikalische maqām-Darstellung, häufige Wiederholungen einzelner Passagen, starke Registerkontraste (und die sich in Beifallsrufen artikulierende Interaktion mit den Zuhörern)

muṣḥāf murattal – (Lesestil) gekennzeichnet durch sorgfältige Aussprache, ein langsames Tempo, genaue Beachtung des Sprachrhythmus und korrekte Pausa-Setzung

muḥafī – jemand, der ohne Unterweisung eines Lehrers lediglich aus dem muḥaf lernt

mašhūr – anerkannt (Lesart)

muẓhar – nicht-assimiliert

nusḫa pl. nusaḫ – Kopie; Kollegheft

Pleneschreibung – (lat. plenus – voll) volle Vokalschreibung bei Schriften, in denen in der Regel nur Konsonantenzeichen verwendet werden

qāri‘ (Pl. qurrā‘) – Koranleser, Koranrezitator

qar – normale Dehnung (ein alif), z. B. in qāla, māliku

qirā’a (pl. qirā’āt) [قراءة] – (1) die einzelne Lesart / Textfassung (2) die Gesamtheit der Lesarten und Aussprechweisen eines Koranlesers (qāri‘); geschlossene selbstständige Lesart einer bestimmten Autorität (3) Koranvortrag (4) Intonation: Art der Erzeugung, Formung, Gestaltung eines Tones, der Klangfarbe, des Treffens, Einhaltens o. Ä. eines Tones bei Sängern und Instrumentalisten; Veränderung des Tones nach Höhe, Dauer, Stärke und anderen Merkmalen beim Sprechen; Satzmelodie.

Al-qirā’āt al-ašr a-uġrā [القراءا العشر الصغرى] – Die zehn Koranrezitationen in der Sammlung von Aš-Šāibiyya und ad-Durra

Al-qirā’āt al-ašr al-kubrā [القراءا العشر الكبرى] – Die zehn Koranrezitationen in der Sammlung Ṭayyibat an-našr

qirā’a bi-l-alḥān – musikalischer Koranvortrag

qirā’a ğama’iyya - Gruppenlesung

qiyās – Analogieschluss für die Ableitung nichtüberlieferter Lesarten; eine Entscheidung im Sinne einer bestimmten Autorität oder Schule

rasm – wört: Spur, Strich, Skizze; diakritikoloses Konsonantengerippe, Schriftbild, Konsonantengerüst;

rasm uṯmānī – uṯmānische Orthographie

rasm qur’ānī – Koranorthographie

raum [روم] – die Abschwächung des Lautwertes von û und î in der Weise, dass die Hauptsache davon verloren geht, aber eine ganz leise Spur zurückbleibt, die ein Blinder mit seinem Gehörsinn wahrnehmen kann

riwāya - Überlieferung

sakt – das leichte Verweilen auf vokallosem Konsonanten (einschließlich و und ى in ai au) vor hamz; Verweilen auf dem Konsonanten bzw. einem leichten Pausieren nach demselben

ifāt al-ḥurūf – Artikulationsmodi

sunna - Tradition

šāḏḏ (pl. šawāḏḏ) – isolierte/nichtkanonische Lesart; außerhalb der anerkannten, kanonisierten Lesung; Gegensatz zu muğma’un alaihi

šāḏḏ an qirā’at al-amār – außerhalb der in den islamischen Zentren anerkannten Leseweisen stehend

šar’ī – offiziell, kanonisch, legitim

tadwīr (= tağwīd) – Stufe zwischen ḥadr und taḥqīq

taġlī­ẓ al-lām

tağwīd [التجويد] (< ğawwada – etwas schön, gut machen) – Orthoepie/Orthoepik; Lehre von der richtigen Rezitation des Korans bzw. richtigen Aussprache der Wörter; Propädeutik der Koranlesung

taḥqīq – deutliche Aussprache mit den Überdehnungen; Koranvortrag mit sorgfältigster Beachtung jeder Einzelheit der Aussprache

taḥrīf – Verschreibung

taḥzīn – Erregung vor Betrübnis

ta’līl – Motivation bzw. Begründung einer differenten Lesart

talḥīn - Gesang

talfīq – Vermischung verschiedener Überlieferungslinien (uruq)

talqīn - Koranunterricht

tamkīn al-madd  / madd at-tamkīn – stärkere Überdehnung (2 ½ alif)

tamkīn mušba‘ / išbā‘ al-madd – sehr starke Überdehnung (3 ½ alif)

tamī - gekennzeichnet durch eine bestimmte, nur mündlich erlernbare Art die Längen zu überdehnen unter gleichzeitigem Ausströmenlassen des Atems

tanwīn – Nunation

tar’īd – Vortrag mit zitternder Stimme

tarīq (pl. turuq) – Sub-Überlieferung; Überlieferungslinie

tarkīb – Lesarten verschiedener Herkunft miteinander verbinden

tarqīq – („Hüpfenlassen“) eine Abart des tağwīd oder des taḥqīq

tarqīq ar-rā‘

tartil (= mukṯ) – deutliche, langsame und zur Meditation Zeit lassende Rezitation

taskīn - Elision

tawīr al-ma’nā – Abbilden der Bedeutung

tarīb – der Versuch beim Koranvortrag die Zuhörer in Entzücken zu versetzen; Erregung, eine Abart des tamī in halbsingendem Ton (tarannum, tannaġġum)

tawātur – in jeder Kette der Überlieferer kollektiv überliefert; auf zahlreiche, untereinander verschiedene Quellen zurückgehende Überlieferung

textus receptus [TR] - der allgemein akzeptierte, überlieferte und damit verbindliche Text

uūl – Ausspracheregeln; allgemeine Aussprachegrundlagen; phonetische Differenzen; größtenteils phonetische Regel über generelle, nicht auf einzelne Stellen beschränkte Differenzen der Leser. Hauptkategorien: 1. Iddiġām aġīr 2. Hamza 3. Madd 4. Imāla. 5. Waqf und Wal. Vgl. Lautlehre.

variae lectiones – different readings, Lesarten/Schreibvarianten?

waqf – Pausasetzung, Pausastelle

al-waqf ‘alā marsūm al-ḫaṭṭ - die Pausalform von Worten, deren Konsonantenorthographie ausnahmsweise die Kontext- statt der Pausalform wiedergibt (wie die koranischen Schreibungen رحمة u. ä.)

wazn – Maß bei der Aussprache der Wörter

yā’āt al-iḍāfa – die Aussprache des Suffixes der 1. Person Singular als –ī und –ija

yā’āt az-zawā’id – die Quantität von auslautendem –ī an Stellen, wo es defektiv geschrieben ist

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