Terminologie der Koranlesung (al-qirā’āt) und Orthoepie (at-tağwīd)

ādāb ḥamalat al-qurʼān: Verhaltensregeln für Koranleser

al-kuttāb: die Koranschreiber

al-madd al-munfaṣil: Überdehnung eines Vokals vor Hamza im Anlaut des folgenden Wortes

al-madd al-muttaṣil: Überdehnung vor Hamza im gleichen Wort

al-maqtū’ wa-l-mauṣūl: Getrennt- und Zusammenschreibung

al-maṣāḥif al-maġlūṭa: fehlerhafte Koranexemplare

al-qirā’a al-mašhūra: lectio vulgata

al-qirā’āt al-ašr al-kubrā القراءا العشر الكبرى: Die zehn Koranrezitationen in der Sammlung Ṭayyibat an-našr

al-qirā’āt al-ašr aṣ-ṣuġrā القراءا العشر الصغرى: Die zehn Koranrezitationen in der Sammlung von Aš-Šāṭibiyya und ad-Durra

al-waqf ‘alā marsūm al-ḫaṭṭ: die Pausalform von Worten, deren Konsonantenorthographie ausnahmsweise die Kontext- statt der Pausalform wiedergibt (wie die koranischen Schreibungen رحمة u. ä.)

ʻāmma (pl. ʻawāmm): Lesermajorität, Allgemeinheit der Leser

arḍ: der Schüler rezitiert, wobei der Lehrer kontrolliert

aṣḥāb al-maṣāḥif: die Koranschreiber

aṣ-ṣifat allatī lā ḍidd lahā (ṣifāt, die kein Gegenstück haben): 1. ṣafīr 2. Qalqala 3. Inḥirāf 4. Takrīr 5. Līn 6. Tafaššī 7. Istiṭāla

ḍabṭ: Lesezeichen

farš al-ḥurūf: Einzellesarten

faṣāḥa: sprachliche Korrektheit

fāṣila: Versschluss

ğam’ sawṭī: mündliche Sammlung des Korans (durch Audio-Aufnahme)

ğumhūr: Majorität, herrschende Lehrmeinung

ġunna: Nasalierung

ḥadr: Koranvortrag im normalen Sprechtempo

ḥāfiẓ (pl. ḥuffāẓ): ‚Bewahrer’; jemand, der den gesamten Koran memoriert hat

ḥaraka (pl. harakāt): ‚Bewegung’

ḥifẓ: Memorierung

hiğā’: Orthographie

ḥizb: Dreißigstel des Korans

hurūf musta’liya: ḫ, ġ, ṭ, ẓ, ḍ, q

i’rāb: Desinentialflexion

i’tibār: das Erschließen einer Leung des uṯmānischen Textes aus dem konsonantisch abweichenden Paralleltext des Ibn Mas’ūd oder eines anderen

iddiġām kabīr: Verschmelzung von Konsonanten unter Schwund eines zwischen ihnen stehenden kurzen Vokals; wenn in der schnellen Lesung (ḥadr) vokalisierte Konsonanten sowohl im Sandhi als im Inlaut folgenden gleichen oder ähnlichen Konsonanten völlig zu assimilieren oder inserieren

iddiġām kāmil: totale Assimilation

iddiġām nāqiṣ: unvollständige Assimilation

iddiġām ṣaġīr: Vokallosigkeit des ersten Konsonanten; ein vokalloser Konsonant wird einem anderen assimiliert und inseriert

idġām ṣaḥīḥ: vollständige Assimilation und Insertion

idġām: Gemination, Assimilation oder Verdopplung des Konsonantenphonems in der Aussprache

iḏn: Lizenz, Zeugnis

iğāza: Lizenz, Zeugnis

iḫfā’: Insertion? (lat. inserere einfügen); das Einfügen eines sprachlichen Elements, z. B. eines Wortes, in einen vorgegebenen Satz; Reduktion; Verkürzung der Zeitdauer, Verflüchtigung des n und m mit Bildung des Verschlusses an der Artikulationsstelle des folgendes Lautes mit ġunna (Nasalierung)

iḫtilās: Reduktion, Verflüchtigung

iḫtiyār: freie Kombination von Lesarten unterschiedlicher Herkunft in einer individuellen Textfassung; Auswahl unter verschiedenen möglichen Lesarten; ein Leser, der in der Hauptsache einer älteren Autorität folgt, trennt sich in einigen Fällen von ihr und geht seinen eigenen Weg

ilm al-qirā’a: Wissenschaft der Koranlesung

iltiqā’ as-sākinain:

imāla: Umlaut

imām: Muster; der muṣhaf uṯmānī

irtiğāl: freie Erfindung von Möglichkeiten, die Konsonantenzüge zu lesen

išbā’ al-madd / tamkīn mušba’: sehr starke Überdehnung (3 ½ alif)

išbā’: normale Vokalaussprache

išmām الاشْمام: Umlaut; Andeutung des abfallenden Vokals in Pausa; Lautangleichung; künstliche Aussprache mit halbem Vokal; Bildung der Artikulationsstellung von û durch die Lippen, ohne dass auch nur ein leiser Laut hörbar wird. Ein Blinder nimmt davon nichts wahr. Es besteht praktisch in der Rundung und im Vorstülpen der Lippen zur Artikulationsstellung des û. Siehe raum. 1) nicht hörbare Artikulationsstellung des ū 2) ein sehr kurzer Murmelvokal, dem raum oder iḫtilās entsprechend 3) Vokal- und Konsonantenangleichung (Sībawaih: muḍāra’a)

isnād: Tradentenkette, die eine Lesart bis auf ihren Ursprung zurückführt

iẓhār: beide Konsonanten bleiben bei Konsonantenberührung unverändert und völlig getrennt

laḥn (pl. alḥān): (1) defektive oder irreguläre Schreibung; (2) fehlerhafte Aussprache; (3) Melodie

laḥn ğalī: offenkundiger Aussprachefehler (im Wortlaut, wodurch der Sinn verändert werden kann)

laḥn ḫafī: verborgener Aussprachefehler; Regelverletzungen des spezielleren tağwīd (in erster Linie der Prosodie), dessen genau Kenntnis nicht vom normalen, sondern nur vom ausgebildeten Leser verlangt wird

madd at-tamkīn / tamkīn al-madd: stärkere Überdehnung (2 ½ alif)

madd lāzim: obligatorische Überdehnung

madd: Überdehnung eines langen Vokals hauptsächlich in der Nachbarschaft von Hamza; Überdehnung von Langvokalen in überlangen Silben und im Kontakt mit dem Glottisöffnungslaut; (=ziyāda min ġairi ifrāṭin): einfache Überdehnung (1 ½ alif)

maḏhab (pl. maḏāhib): Verfahren

maqām Bayātī:

marsūm: Konsonantentext

mašhūr: (1) / ma’rūf = anerkannt (Lesart) (2) bekannte Überlieferung, zweite Stufe nach dem tawātur

muṣḥāf muğawwad (alternative Bezeichnung: qirā’a murannama): (Lesestil) gekennzeichnet durch einen großen Ambitus, kunstmusikalische maqām-Darstellung, häufige Wiederholungen einzelner Passagen, starke Registerkontraste (und die sich in Beifallsrufen artikulierende Interaktion mit den Zuhörern)

muṣḥāf murattal: (Lesestil) gekennzeichnet durch sorgfältige Aussprache, ein langsames Tempo, genaue Beachtung des Sprachrhythmus und korrekte Pausa-Setzung

muṣḥafī: jemand, der ohne Unterweisung eines Lehrers lediglich aus dem muṣḥaf lernt

muẓhar: nicht-assimiliert

nusḫa pl. nusaḫ: Kopie; Kollegheft

Pleneschreibung: (lat. plenus – voll) volle Vokalschreibung bei Schriften, in denen in der Regel nur Konsonantenzeichen verwendet werden

qāri’ (Pl. qurrā’): Koranleser, Koranrezitator

qaṣr: normale Dehnung (ein alif), z. B. in qāla, māliku

qirā’a (pl. qirā’āt) قراءة: (1) die einzelne Lesart / Textfassung (2) die Gesamtheit der Lesarten und Aussprechweisen eines Koranlesers (qāri’); geschlossene selbstständige Lesart einer bestimmten Autorität (3) Koranvortrag (4) Intonation: Art der Erzeugung, Formung, Gestaltung eines Tones, der Klangfarbe, des Treffens, Einhaltens o. Ä. eines Tones bei Sängern und Instrumentalisten; Veränderung des Tones nach Höhe, Dauer, Stärke und anderen Merkmalen beim Sprechen; Satzmelodie.

qirā’a bi-l-alḥān: musikalischer Koranvortrag

qirā’a ğama’iyya: Gruppenlesung

qirāʼa bi-l-alḥān: Lesung mit Melodien

qiyās: Analogieschluss für die Ableitung nichtüberlieferter Lesarten; eine Entscheidung im Sinne einer bestimmten Autorität oder Schule

rasm qur’ānī: Koranorthographie

rasm uṯmānī: uṯmānische Orthographie

rasm: wörtlich: Spur, Strich, Skizze; diakritikoloses Konsonantengerippe, Schriftbild, Konsonantengerüst;

raum روم: die Abschwächung des Lautwertes von û und î in der Weise, dass die Hauptsache davon verloren geht, aber eine ganz leise Spur zurückbleibt, die ein Blinder mit seinem Gehörsinn wahrnehmen kann

riwāya: Überlieferung

šāḏḏ (pl. šawāḏḏ): isolierte/nichtkanonische Lesart; außerhalb der anerkannten, kanonisierten Lesung; Gegensatz zu muğma’un alaihi

šāḏḏ an qirā’at al-amṣār: außerhalb der in den islamischen Zentren anerkannten Leseweisen stehend

sakt: das leichte Verweilen auf vokallosem Konsonanten (einschließlich و und ى in ai au) vor hamz; Verweilen auf dem Konsonanten bzw. einem leichten Pausieren nach demselben

šar’ī: offiziell, kanonisch, legitim

ṣifāt al-ḥurūf: Artikulationsmodi

ṣifāt mutaḍādda: (in Opposition zueinander stehende, sich gegenseitig ausschließende ṣifāt): 1. ǧahr-hams 2. šidda-raḫāwa-tawassuṭ 3. Istiʻla-istifāl und iṭbāq-infitāḥ 4. ḏalāqa-iṣmāt.

sunna: Tradition

ta’līl: Motivation bzw. Begründung einer differenten Lesart

tadwīr (= tağwīd): Stufe zwischen ḥadr und taḥqīq

taġlī­ẓ al-lām:

tağwīd التجويد: (< ğawwada – etwas schön, gut machen) – Orthoepie/Orthoepik; Lehre von der richtigen Rezitation des Korans bzw. richtigen Aussprache der Wörter; Propädeutik der Koranlesung; schöne Aussprache

taḥqīq: deutliche Aussprache mit den Überdehnungen; Koranvortrag mit sorgfältigster Beachtung jeder Einzelheit der Aussprache

taḥrīf: Verschreibung

taḥzīn: Erregung vor Betrübnis

talfīq: Vermischung verschiedener Überlieferungslinien (ṭuruq)

talḥīn: Gesang

talqīn: Koranunterricht

tamkīn al-madd / madd at-tamkīn: stärkere Überdehnung (2 ½ alif)

tamkīn mušba’ / išbā’ al-madd: sehr starke Überdehnung (3 ½ alif)

tamṭīṭ: gekennzeichnet durch eine bestimmte, nur mündlich erlernbare Art die Längen zu überdehnen unter gleichzeitigem Ausströmenlassen des Atems

tanwīn: Nunation

tar’īd: Vortrag mit zitternder Stimme

tarīq (pl. turuq): Sub-Überlieferung; Überlieferungslinie

tarkīb: Lesarten verschiedener Herkunft miteinander verbinden

tarqīq ar-rā’:

tarqīq: („Hüpfenlassen“) eine Abart des tağwīd oder des taḥqīq

tartīl: (= mukṯ), deutliche und langsame, für Meditation/Nachdenken Zeit lassende Rezitation

taskīn: Elision

taṣwīr al-ma’nā: Abbilden der Bedeutung

taṭrīb: der Versuch beim Koranvortrag die Zuhörer in Entzücken zu versetzen; Erregung, eine Abart des tamṭīṭ in halbsingendem Ton (tarannum, tannaġġum)

tawātur: in jeder Kette der Überlieferer kollektiv überliefert; auf zahlreiche, untereinander verschiedene Quellen zurückgehende Überlieferung

textus receptus: der allgemein akzeptierte, überlieferte und damit verbindliche Text

uṣūl: Ausspracheregeln; allgemeine Aussprachegrundlagen; phonetische Differenzen; größtenteils phonetische Regel über generelle, nicht auf einzelne Stellen beschränkte Differenzen der Leser. Hauptkategorien: 1. Iddiġām ṣaġīr 2. Hamza 3. Madd 4. Imāla. 5. Waqf und Waṣl. Vgl. Lautlehre.

variae lectiones: different readings, Lesarten/Schreibvarianten

waqf: Pausasetzung, Pausastelle: Sie regeln „die Länge eines Satzes, die Betonung bestimmter Silben und die Aussprache bestimmter nacheinander folgender Laute und deren Verschmelzung“ (Touma)

wazn: Maß bei der Aussprache der Wörter

yā’āt al-iḍāfa: die Aussprache des Suffixes der 1. Person Singular als –ī und –ija

yā’āt az-zawā’id: die Quantität von auslautendem –ī an Stellen, wo es defektiv geschrieben ist

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